Auf dem Portrait, das kurz vor seiner Berufung 1751 nach Göttingen entstanden ist, inszeniert sich Johann Georg Roederer als männlicher Geburtshelfer. Ausgestreckter Daumen und Zeigefinger entsprechen der typischen Handhaltung bei der vaginalen Untersuchung von Schwangeren. Der Knochen weist ihn als Arzt aus, dessen Wissen auf genauen anatomischen Kenntnissen beruht. Das Buch „Haller Icones“ ist ein Hinweis auf den Göttinger Naturforscher Albrecht von Haller (1708-1777), der Roederer zu einer Professur verholfen hatte.
Das Portrait visualisiert Roederers Forschungsprogramm des neuen Faches Geburtshilfe. Messende Verfahren, anatomisches Wissen und eigene Anschauung sollten gegenüber seinen männlichen Kollegen die neue medizinische Teildisziplin rechtfertigen. Mit dem neuen Fach und seiner weiteren Institutionalisierung wurden die Hebammen nach und nach an den Rand gedrängt. An ihre Stelle trat jetzt der männliche Geburtshelfer.
