01 Galerie

Unmittelbar nach der Universitätsgründung 1737 begann in Göttingen die Arbeit an einer Professorengalerie. 1748 erhielt der aus Celle stammende Maler F. Reibenstein (1713-1762) den Auftrag zu einer Portraitserie, die später von verschiedenen Malern weitergeführt wurde. Fünfzehn in Göttingen erhaltene Gemälde werden hier erstmals wieder als Serie ausgestellt.

ZWISCHEN KONFORMITÄT UND INDIVIDUALITÄT
Die Bildnisse sind in Ausschnitt, Rahmenformat und Stil nahezu identisch. Farbunterschiede in der Amtstracht – heute nur noch schwer zu erkennen – ordnen die Portraitierten jeweils einer Fakultät zu. Aufgrund der Einheitlichkeit der Serie treten die individuellen Gesichtszüge der Professoren umso deutlicher hervor. Je nach Lesart zeigt die Reihe damit den Gelehrten als Teil eines universitären Personenverbandes oder lenkt – als Einzelbild betrachtet – die Aufmerksamkeit auf die charakteristischen Merkmale des Abgebildeten.

IM GEISTE VEREINT
Portraitreihen gehen an deutschen Universitäten bis in das 16. Jahrhundert zurück. In ihnen bildete sich ein neues Selbstbewusstsein des Gelehrtenstandes aus. Als Vorbilder dienten adelige Ahnengalerien, die eine dynastische Abfolge veranschaulichten und damit Herrschaft qua Geburt rechtfertigten. Den Gelehrten ging es hingegen um die Inszenierung einer – ausschließlich männlichen – Gemeinschaft des Geistes. Die Gleichförmigkeit der Darstellung und die Kontinuität der Reihe sollten an der jeweiligen Universität Tradition stiften. Dem Abstammungsadel wurde ein Geistesadel zur Seite gestellt.

Vom Konzilienhaus in die „Polterkammer“

Ende des 18. Jahrhunderts umfasste die Göttinger Professorenreihe 40 Gemälde. Dicht an dicht hingen diese zunächst im Konzilienhaus der Universität.
Das Gebäude war Schauplatz wichtiger Entscheidungen und diente als Versammlungsort für die Göttinger Gelehrten sowie dem Empfang ihrer Gäste.
Um 1800 ließ das Interesse an dieser Form der Repräsentation nach. Die Darstellungsweise wurde als veraltet wahrgenommen, die Gemälde aus dem Konzilienhaus entfernt und der Gemäldesammlung übergeben. Deren damaliger Leiter Johann Dominicus Fiorillo (1748-1821) verbannte sie dort in die „Polterkammer“. Im 19. Jahrhundert verteilte sich der Bestand auf unterschiedliche Gebäude der Universität. Seit 2006 bemüht sich die Kunstsammlung, die Bildnisse wieder zusammenzutragen.

Vorbildlich

Die Reihen von Gelehrtenportraits wurden zumeist in repräsentativen Gebäuden der Universitäten wie in der Bibliothek oder – wie hier in Marburg – in der Aula ausgestellt. Damit sollten sie den Studenten als nachzuahmendes Vorbild dienen, Tradition und Standesbewusstsein der Universität und ihrer Mitglieder ausdrücken sowie die Hochschule nach außen als Ort universitärer Gelehrsamkeit auszeichnen.

Möchten Sie mehr über die Professorengalerie erfahren?

„Im Geiste vereint. Kontext und Geschichte der Göttinger Professorengalerie“ ein Beitrag von Larissa Döring und Sonja E. Nökel (PDF), entstanden als studentische Arbeit im begleitenden Seminar zur Ausstellung.

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