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Im Gegensatz zu Ölgemälden sind grafische Portraits weitaus mobiler und werden oft in hohen Auflagen hergestellt. Sie können verschickt, in Büchern gebunden und gesammelt werden. Die ausgestellten Mezzotinto- bzw. Schabkunstblätter zeigen Bildnisse von Göttinger Professoren, die zwischen 1741 bis 1755 in dem in Augsburg verlegten "Bilder-sal heutiges Tages lebender und durch Gelehrtheit berühmter Schriftsteller" erschienen. Der Kupferstecher Johann Jakob Haid (1707-1767) arbeitete die Druckgrafiken aus, während der Theologe Jakob Brucker (1696-1770) die dazugehörigen Kurzbiografien verfasste.

EINE MARKETINGKAMPAGNE DER JUNGEN UNIVERSITÄT
Unter den einhundert Gelehrten des "Bilder-sals" befinden sich insgesamt acht Göttinger: eine hohe Zahl, die den Status der jungen Georgia Augusta im Kreise der über 30 deutschen Universitäten verdeutlicht. Die Reputation der Universität Göttingen gründete nicht – wie andernorts – auf bestehender Tradition, sondern auf der Neuberufung renommierter Gelehrter. Sie waren die beste Werbung, um möglichst viele zahlungskräftige Studenten anzuziehen.

INDIVIDUUM UND STANDESIDENTITÄT
Der "Bilder-sal" steht in einer langen Tradition grafischer Bildnissammlungen berühmter Gelehrter. Neu war allerdings, dass nur lebende Personen aufgrund ihrer schriftstellerischen Leistungen aufgenommen wurden. Ein Wandel im Gelehrtenverständnis des 18. Jahrhunderts zeigt sich: Weniger die soziale Herkunft sondern der individuelle Verdienst soll akademische Karrieren und die Zugehörigkeit zur gelehrten Gemeinschaft begründen.

Samuel Christian Hollmann
Mezzotinto
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Albrecht von Haller
Mezzotinto
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Johann Georg Christian Gebauer
Mezzotinto
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Jakob Wilhelm Feuerlein
Mezzotinto
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Johann Friedrich Penther
Mezzotinto
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Christoph August Heumann
Mezzotinto
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Johann Matthias Gesner
Mezzotinto
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Georg Gottlob Richter
Mezzotinto
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Gabrielle Emilie
Marquise du Chatelet
Mezzotinto
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Prominente Professoren: Nachahmung und Erbauung 

Der Bilder-sal erschien ab 1741 in Augsburg – einem damaligen Zentrum für Herstellung und Vertrieb grafischer Portraits – als eine zehnbändige Serie mit jeweils zehn Portraits, für die man sich vorab als Käufer registrieren konnte. Zentral für den Bilder-sal war die im 18. Jahrhundert weit verbreitete Vorstellung, dass der Anblick von Portraits von Geistesgrößen zur Erbauung beitragen und zur Nachahmung anspornen würde.

Georg Gottlob Richter
Mezzotinto
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Ölgemälde Richter
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Medienwechsel: Vom Ölgemälde zum Mezzotinto  

Um die Authentizität der Abbildungen zu garantieren, fertigte sie der Kupferstecher Haid möglichst nach dem Original an. Dazu wurden die gemalten Vorlagen vom Rahmen gelöst, in Pergamentpapier eingerollt und mithilfe reisender Kaufleute nach Augsburg transportiert. Ein direkter Bildvergleich zwischen dem Ölgemälde Georg Gottlob Richters (1694-1773) mit dem Schabkunstblatt verdeutlicht, wie Haid mit der Vorlage umging: Während er Richters Gesicht mit großer Sorgfalt übertrug, passte er Körperhaltung und Bildbeigaben des Portraitierten dem einheitlichen Bildprogramm des Bilder-sals an. Damit verweisen Bücherwand, Vorhang und Tisch mit Büchern, die auf dem Original nicht zu finden sind, weniger auf die individuelle Person. Sie waren vielmehr typische und auswechselbare Elemente der zeitgenössischen Gelehrtendarstellung.

Abdruck eines Mondglobus
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Kupfer-
druckplatte Mondglobus
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„Wie mit dem Pinsel bearbeitet“ – Technik und Ästhetik der Schabkunst 

Für die grafische Ausführung der Portraits bediente sich Haid einer Technik, die seit Mitte des 17. Jahrhunderts als Schabkunst bekannt ist. Während im Kupferstich durch Stechen der Platte die dunklen Stellen und Linien erzeugt werden, verfährt die Schabkunst genau umgekehrt: Mit dem sogenannten Schabeisen werden die hellen Stellen aus dem tiefschwarzen Grund der Kupferplatte herausgearbeitet. Weil dadurch besonders weiche und sanfte Bildbestandteile wie Haare und Gewänder realitätsnah ausgedrückt werden konnten, fand die Schabkunsttechnik vor allem bei der Reproduktion von Portraits Anwendung. Sie wurde aber auch, wie im Mondglobus-Projekt des damaligen Leiters der Göttinger Sternwarte Tobias Mayer (1723-1762), für naturkundliche Illustrationen eingesetzt.

Titelkupfer

Bildnisvitenbücher von Gelehrten wurden besonders ab dem 17. Jahrhundert populär. Vorbildlich wurde das erstmals 1597-99 in Frankfurt/Main erschienene Bildwerk von Jean-Jacques Boissard.

Jean Jacques Boissard: Bibliotheca chalcographica illustrium virtute […], Heidelberg 1669
Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, Signatur 8 H L BI I, 611

 

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