Die Fokussierung auf das Gesicht hatte
eine weitere Dimension. Fotograf*innen des
linken wie rechten politischen Spektrums
der Weimarer Republik versuchten sich über
das Gesicht an einer Klassifizierung und
Ordnung der sozialen Welt. An die Stelle des
individuellen Ausdrucks traten Volksgruppen
oder Berufstypen. Stellvertretend dafür
stehen die populären Bildbände Erich
Retzlaffs, der – mit starkem völkischem
Bezug – ab den 1930er Jahren in seinen
Fotografien das Gesicht als Ausdruck von
Volkszugehörigkeit inszenierte. Die Art und
Weise, wie dort die Gesichter herausgearbeitet
wurden, findet sich in einer Postkartenserie
von Göttinger Professoren wieder, deren
Fotografien ebenfalls von Retzlaff stammen.