Ein Portraitbildband ist keine neutrale Zusammenstellung, sondern eine Auswahl: Er fasst bestimmte Personen zu einer Gruppe zusammen und schließt andere davon aus. Die Auswahl folgt dabei nur vordergründig den individuellen Kriterien der Herausgeber*innen. Vielmehr sind immer auch zeitgenössische Vorstellungen von Zugehörigkeit maßgeblich. Besonders folgenreich zeigt sich dies in der Zeit des Nationalsozialismus. 1937 gab der Göttinger Anatom Max Voit (1876-1949) zum 200-jährigen Bestehen der Georgia-Augusta einen Band mit Bildnissen Göttinger Professoren heraus. Während er einige jüdische Wissenschaftler in den Band aufnahm, die bereits tot waren, berücksichtigte er seine jüdischen Zeitgenossen nicht. So etwa Max Born (1882-1970), einer der damals bekanntesten Quantenphysiker, oder James Franck (1882-1964), der 1935 mti dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet worden war. Beide waren aufgrund der nationalsozialistischen Unrechtsmaßnahmen zum Zeitpunkt von Voits Veröffentlichung nicht mehr an der Universität Göttingen tätig.